THEATERSTÜCKE
„Lilo schweigt“ – kurze Szenen
Entwurf von Helmut Landwehr
Personen:
Lilo – Widerstandskämpferin (stumme Rolle)
Eckl – Historiker
Ecce, Sänger, Ramm (ein Schauspieler/Sänger)
Mä(uchle) – Gestapo
Maria – Mitgefangene
Pfarrerin – 1. Erzähler(in), 2. Erzähler(in)
Szenenfolge
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Erzähler(in)
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Erzähler(in)
I Eckl am Telefon mit Rektor / Sänger
II Verhörszene mit Mäuchle (Lilo schweigt); Pfarrerin, Maria, Sänger, Ecce
III Eckl, Mäuchle, Ecce (Lilo schweigt)
IV Eckl, Ecce, Ramm, Mäuchle (Lilo schweigt)
V Pfarrerin, Maria, Eckl, (Lilo schweigt).
Bühne
Gerichtsschranke o. ä. (Eckl und Ecce)
Podest (für Mächle; von oben herab)
Lilo ist auf der untersten Ebene
Musik
mit einfachen Instrumenten
(z. B. Gitarre/Lilo, Trompete/Mäuchle, Saxophon/Lilo-Rap, Schlagzeug/Kriegsrap)
1. Erzähler(in)
Klappe 1 Lilo Herrmann – wer ist das überhaupt? In Deutschland ebenso wie in anderen Ländern geradezu unbekannt! Genau darum geht es.
Szene I
Eckl (an der Schranke, telefoniert mit dem Rektor der Universität)
Wir sollten uns nicht beeindrucken lassen von einer Kritik, die der Historiker nicht akzeptieren kann. … Ja, das mag sein, dass sie nicht verstanden hat, was für einem Stalinisten-Club sie angehört, diese Herrmann; aber feststeht: Sie wurde in der DDR als heldenhafte Widerstandskämpferin gefeiert, … ja, ja, …ebendas! Und hinzukommt, dass alle möglichen Daten falsch sind. Schon dieser Friedrich Wolf …, ja der, … der das Stück ‚Cyankali‘ geschrieben hat … haben Sie das gesehen? Schön! … Also dieser Wolf hat ein sogenanntes Poem gemacht, ein echtes Machwerk … das haben die Kinderchöre in den DDR-Schulen gesungen; vertont von Paul Dessau, gruselig! … Und es strotzt nur so von Fehlern! Der Wolf hat … ja, ja der Vater des Stasi-Wolf ist er auch, … also der hat gefälscht oder sich geirrt, ist ja egal! … und zusammengeschmiert, …das ist als Dokument und Beleg für diese Herrmann-Erinnerung völlig unbrauchbar.
Also, mein Gutachten ist hieb- und stichfest …ja, hieb- und stich- …
1. Erzähler(in) (Podest) unterbricht Eckl
Meine Damen und Herren, liebe Antifaschisten, liebe unerkennbaren Verfassungsschützerinnen und Verfassungsschützer, wir sind auf einem guten Weg! Professor Eckl, er ist ein durch und durch sympathischer Mensch, er hat (und das ist gut so) einige Ecken und Kanten; den kann man nicht so leicht übern Tisch ziehen; der wehrt sich, der textet alles durch und begutachtet oder beschlechtachtet, wie er es braucht.
Nebenbei sollte man wissen, dass Eckl so nachdrücklich gegen die Ehrung Lilos vielleicht auch deshalb auftritt, weil er nicht gern veröffentlicht haben möchte, dass er selbst mit Friedrich Wolf verschwägert ist und darüber nichts offengelegt haben will.
Aber die andere Seite hat auch ihre Kenner; die recherchieren alles, da bleibt nichts ungeklärt, versickert höchstens in einer Anlage. Aber sicher ist sicher: Lilo Hermann hat tatsächlich – so viel ist durchgesickert – Informationen aus einem Rüstungsbetrieb in Friedrichshafen (das war Dornier!) 1935 ins Ausland geschmuggelt – die illegale Aufrüstung im deutschen Reich!
Und dann? … Der Mäuchle von der Gestapo, der kleine schwäbische Verhörer und Folterer im Hotel Silber, karrieregeil mit dunkelbraunem Durchblick, wollte sie kriegen, die Kommunisten, und besonders diese störrische junge Mutter aus gutbürgerlichem Haus. Da ist er ja schon!